An die Natur - Johann Jakob Ihlée
O! Natur, an deinem Busen
Fühl ich mehr als Erdenlust;
Bin nur mir und deines Segens,
Keines Menschengrams bewußt.
Betend falt ich meine Hände,
Schau hinauf zu Gottes Thron,
Fühle künft'ger Welten Freude
Hier in deinen Freuden schon.
Zittre du, der Gottes Finger
In der Wesen Bau verkennt;
Dorre Zunge, die die Blume
Nur ein Werk des Zufalls nennt.
Auch dem Gräschen, das am Wege
Eines Wandrers Fuß zertritt,
Teilte sich die Wahrheit Gottes,
Seine ew'ge Liebe mit.
Nie erschuf der Zufall Dinge
Nach den Regeln einer Zeit,
Noch viel weniger Gefühle
Einer künft'gen Ewigkeit.
Alles handelt nach Gesetzen
Der verwandelnden Natur;
Aber der Natur gebieten
Kann die Allmacht Gottes nur. -
Sieh, ich will an deinem Busen,
O! Natur mich immer freun,
Und die Größe deines Segens
Soll mir Gottes Bildnis sein;
Will aus deinem Innern lernen,
(Weil du Gottes Spiegel bist)
Daß Vernichtung nie mein harret;
Ewigkeit mein Erbteil ist.
Wenn dann meines Lebens Blume
Abgeblättert niedersinkt,
Und den Geist der Todesengel
In die Friedenshallen bringt,
Wo schon lange mein Erzeuger
Und mein frommer Lehrer weilt,
Jeder dann mit Engelküssen
Seine Freuden mit mir teilt.
Mit dem Vater, mit dem Lehrer,
Weltenrichter! harr ich da
Jenes großen Frühlingstages,
Den ich hier im Bilde sah.
Bricht dann, Gott! dein zweites Werde
Der Natur die Werkstatt ab,
Dann noch wein ich, als ihr Zögling,
Eine Träne - in ihr Grab.