Verschwiegenheit - Sophie Albrecht

Im Februar 1778

Glühend, Bester, lieb ich dich,
Niemand darf es wissen,
Wie ich kann so inniglich
Dich ans Herze schließen.

Niemand, niemand darf es sehn
Wenn beim Mondenscheine
Wir vertraut im Garten gehn,
Ich und du alleine

Wie ich deine Hand so gern
In die meine drücke:
Das zu sagen sei dir fern
Auch mit einem Blicke.

Wohl uns; keins hat noch Verdacht,
O! wenn sie es wüßten,
Daß wir noch um Mitternacht
In der Laube küßten!

Wenn sie mich in deinem Arm
Eingeschlafen sähen;
Wang und Mund von Küssen warm,
Frei die Locken wehen!

O! wie würde sich der Neid
Wider uns verschwören;
Unsre ganze Seligkeit
Schnell in Leid zu kehren.

Unsre Unschuld würde nie
Glauben bei ihm finden;
Und wo hätte Zeugen sie
In den trauten Gründen.

Mond und Sterne, Wald und Nacht
Alles würde schweigen,
Ja sie würden mehr Verdacht
Den Verrätern zeigen.

Nein, zu keiner, keiner Zeit
Soll die Welt es wissen,
Daß wir in der Einsamkeit
So viel Glücks genießen.

Engel sollen ganz allein
Bei den süßen Freuden
Unsrer treuen Liebe sein,
Die sie uns nicht neiden.

Sie, die Wirklichkeit vom Schein,
Lieb und Laster scheiden;
Werden einstens Zeugen sein,
Daß wir Unrecht meiden.