Des Posthorns Klänge - Ferdinande von Brackel

Klingt bei heller Morgensonne
Laut das Posthorn durch die Gassen,
Will die Sehnsucht mich im Stübchen
Nimmermehr in Ruhe lassen.

Jeder Ton scheint mich zu locken
Zu des Lebens frischem Treiben;
Jeder Ton scheint mich zu fragen:
Willst du stets zu Hause bleiben?

Willst du stets im engen Kreise
Einer kleinen Welt dich dreh'n?
Komm' hinaus! du hast so wenig
Von der Welt ja noch geseh'n.

Komm' hinaus! in deinem Herzen
Wohnt manch' sprudelnder Gedanke;
Soll er kümmern und verwehen
In der engen, starren Schranke?

Willst so lang daheim du harren
Bis die Pulse träge schlagen?
Bis der frische Blick geschwunden
In des Alters grauen Tagen?

Weh! so tönt es, und nicht folgen
Kann ich ja trotz allem Sehnen. -
Hör' ich Abends dann es wieder,
Lockt in's Auge es die Tränen,

Lockt hervor die alte Klage:
„Wieder ist ein Tag vergangen,
Wiederum ein Tag der Jugend -
Ungestillt blieb das Verlangen!“