Heimgang - Edmund Dorer

Wohl lachte die Maiensonne
Mit warmem, goldnem Strahl,
Die Vöglein voller Wonne
Sangen im grünen Tal.

Wie rings die Vöglein sangen
Mit lautem Freudenschall,
Trieben die Knospen und sprangen,
Erblühten überall.

Über die blühenden Auen
Ging eine Maid gar fein,
Holdselig anzuschauen
Wie Frühlingsblumenschein.

Es grüßten sie allerwegen
Die Rosen licht und rot:
Da trat ihr rasch entgegen
Der kalte, welke Tod.

„O Mägdlein, schöner als Rosen,
Süßer als Honigseim,
Wohin gehst Du zu kosen?“:
„Ich gehe heim - ja heim!“

„Und wolltest heim Du gehen,
So gib mir Deine Hand!“ -
Was ist der Maid geschehen,
Die tot im Feld man fand?

Bald ward sie heimgetragen
Zur dunklen, stillen Gruft;
Darauf die Blumen klagen,
Zum Himmel mit ihrem Duft.

Sie blühen und verblühen
Und deuten auf andern Ort,
Wo hell die Sterne glühen,
Die blühen fort und fort.