Die Einsamkeit - Friedrich von Matthisson

Wie blinkt mir der Himmel
Im Grünen so hehr.
Der Städte Getümmel
Ist rauschend und leer.
Drum sei meiner Tränen
Vertraute die Flur,
Drum höre mein Sehnen
Die Einsamkeit nur.

Ihr liebt' ich, im Lenze
Des Lebens, im Hain
Schon Veilchen in Kränze
Zum Opfer zu reihn.
Ihr späht' ich, beim Hauche
Der Mailuft, am Bach
Im Nachtigallstrauche
Wohl stundenlang nach.

Ihr seufzt' ich, vom Spiele
Der Jünglinge fern,
Die Erstlingsgefühle
Der Liebe so gern!
Ihr war, beim Geflimmer
Der Sterne, mein Leid
Und jeglicher Schimmer
Der Freude geweiht.

Mir sei bis zum Grabe
Gefährtin und Braut
Die, der ich als Knabe
Mein Innres vertraut.
Nur sie hat die Zähren
Der Trennung gestillt,
Und himmlische Sphären
Voll Glanz mir enthüllt.

Sie meidet die Pfade,
Flieht Park und Alleen,
Und weilt am Gestade
Romantischer Seen,
Wo Vögel nur schmettern,
Das Eichhorn nur lauscht,
Und etwa den Blättern
Ein Täubchen entrauscht.

Nur ihr sind, vom wilden
Granitfels umdräut,
An Gletschergefilden
Die Täler geweiht,
Wo Adler nur streifen
Am Lerchenbaumwald,
Und fernher das Pfeifen
Der Gemsen erschallt.

Sie freut sich der Schlünde
Volkanischer Glut,
Des Sausens der Winde,
Der zürnenden Flut.
Sie wohnt unter Spalten,
Nur mondlich erhellt,
In Gräbern der alten
Gebieter der Welt;

Am Sturz der Gewässer,
Im öden Gestein
Umwaldeter Schlösser
Und wüster Abtein,
In Grotten und Klüften
Von Tannen umkränzt,
An Urnen und Grüften
Vom Vollmond beglänzt.

Der Welt zu vergessen,
Empfangt mich, ihr Höhn,
Wo dunkle Zypressen
Ein Grabmal umwehn;
Wo, tief zwischen Ranken
Der Wildnis versteckt,
Kein menschliches Wanken
Den Träumenden weckt.