Hirtengesang - Martin Opitz

Neulich als ich ausgegangen
In des Waldes grüne Stätt'
Und mein bestes zu erlangen
Mit den Hirten singen tät,
Kam die Venus selbst zu mir,
Bracht auch ihren Sohn mit ihr,
Der bei mir verbleiben sollte,
Wo ich ihn was lehren wollte.

Alles das du willst bedingen,
Sagte sie, ist dir vergünnt,
Wo du deine Kunst zu singen
Lehren wirst mein kleines Kind.
Wohl ich lehrt es ganz bereit,
Was man noch findt dieser Zeit
Von den Göttern aufgeschrieben
Und im Hirtenbuch ist blieben.

Wie daß Pan auf sieben Röhren
Anzustimmen hat erdacht
Und ganz lieblich anzuhören
Einen neuen Ton aufbracht:
Wie daß Aristeus weit
Mit Lyaeo kam in Streit,
Ob die Süßigkeit der Bienen
Mehr als Wein uns könnte dienen.

Aber doch der lose Knabe
Der ging seinen alten Gang.
Wann ich ihm was gut's aufgabe,
Bracht er einen Liebsgesang.
Allzeit hat er in dem Mund,
Wie die Lieb das Herz verwundt,
Wie nach seiner Mutter Sinnen
Alle müßten Lieb gewinnen.

Sollt er Lektion aufsagen,
Wußt er lauter nichts davon,
Brachte selbst mir vorgetragen
Eine schwere Lektion.
Jetzt ich also nichts mehr weiß,
Als von Lieb und ihrem Preis.
Jetzt ist alles mir entfallen,
Was ich konnte vor für allen.

Nun Ade ihr Feldgöttinnen,
Nun ade du grüne Lust,
Coridon muß jetzt beginnen,
Was er vorhin nie gewußt.
Es ist alles, was ich mach,
Galathea vor und nach,
In den strengen liebes Orden
Bin ich durch ein Kind bracht worden.