Herbstgedanke - Emilie Pflücker

Spitzengewebe, silberweiß,
Flattern gleich Fähnchen an jedem Reis,
Haben die Äcker übersponnen,
Als hätten sie sich's ausgesonnen,
Zu schmücken jäh durch Zauberkraft
Die kahle Erde märchenhaft,
Daß träumend sie verscheide,
Eh' sie im Winterkleide
Erstarrt und schlafend ruht.
Der Sonne Abendglut
Umflammt die Spitzenschleier,
Daß sie zur Abschiedsfeier,
Eh' sich ihr Glanz verliert,
Rubinen-reich-geziert:
Ein Windhauch streift die Halde,
Dahin am dunklen Walde
Ein fein Gespinste zieht
Und auf gen Himmel flieht.
Wie eine Seele schwebet,
Zum reinen Äther strebet
Es frei und leicht dahin;
Da wogt's durch meinen Sinn:
O, wär' es doch die meine,
Die dort in's klare, reine
Urew'ge Licht entfleucht,
Von keiner Angst gescheucht.
Doch, ach, ich atme, lebe -
Wie könnt' auch solch' Gewebe
Je tragen auf zur Höhe
Mein Wehe!