Knecht Ruprecht - Emilie Pflücker
Was hat denn heut mein Kindchen,
Daß es nicht spielen will,
Warum steht denn sein Mündchen,
Das Plappermäulchen still?
Es drückt sich in die Ecke
Und schaut so ernst darein,
Und rührt sich kaum vom Flecke, -
Sollt' krank mein Herzchen sein?
Nicht Hitze hat das Köpfchen,
Das Hälschen tut nicht weh',
Nein, nein, mein armes Tröpfchen
Hat Angst nur, wie ich seh'.
Ja, Angst nur hat mein Bübchen,
Sein Herz pocht bangevoll,
Weil heut getappt ins Stübchen
Knecht Ruprecht kommen soll.
Der weiß wohl, daß mein Kleiner
Gefolgt so manchmal nicht,
Da harrt nun freilich seiner
Ein arges Strafgericht.
Ach Bübchen, liebes Bübchen,
Drum lacht heut nicht dein Mund,
Und schau ich keine Grübchen
In deinen Wänglein rund.
Drum steh'n in deinen Gucken
Die hellen Tränen gar,
Verzieht ein schmerzlich Zucken
Dein rotes Lippenpaar.
Ach, Bübchen, gäb's auf Erden
Kein größ'res Sünderlein,
Müßt' sie zum Himmel werden
Und paradiesisch sein.
Da stünd' es nicht gefährlich,
Um Frieden, Glück und Ruh',
Und schaute nur alljährlich
Knecht Ruprecht einmal zu.
Das Strafen und das Richten
Wär' seine Sache dann,
Gern beugte seinem schlichten
Urteil sich jedermann.
Und alle Welt sie sagte
Ihr frommes Sprüchlein her,
Verzweifelte, Verzagte,
Die gäb' es dann nicht mehr.
Ach, Junge, ja ich meine,
Schön müßt's auf Erden sein,
Gäb's nur wie du solch' kleine,
Solch' reu'ge Sünderlein.
O, wäre wie die Kinder,
Der Menschheit ganz Geschlecht,
Und Richter ihr, ein linder,
Ruprecht, der Gottesknecht.
