Auf dem Turm in Antwerpen - Luise von Plönnies
Ich steh' auf luft'ger Spitze,
Hoch auf Antwerpens Turm:
Es flammen um mich die Blitze,
Es zieht heran der Sturm.
Ich steh' bei der Donnerwolke,
Die grollend mit mir spricht,
Hoch über allem Volke
Streift sie mein Angesicht:
"Wie magst herauf dich wagen,
Du schwaches Menschenkind?
Mein Wort muß dich erschlagen,
Mein Auge flammt dich blind."
Mich hat der Geist getrieben
Hoch in des Sturmes Reich;
Mein Herz ist stark im Lieben,
Wird auch die Wange bleich.
"Und siehst du nicht die Raben
Schwarz flattern um den Turm?
Die bösen Geister haben
Gewalt in solchem Sturm."
Mich schützt mit seinen Schwingen
Der Liebe starker Geist,
Hörst du sein Wort erklingen,
Das deine Macht zerreißt? -
Da hallen laut die Glocken
Im heil'gen Kirchenturm,
Sie schwingen mit Frohlocken
Sich singend in den Sturm!
Die Wetterwolken rollen
Mit dumpfem bangem Ton,
Sie rollen und sie grollen,
Die Raben zieh'n davon.
Und lauter schwebt' und lauter
Zum Himmel Glockenklang,
Und immer reiner blaut' er,
Als ihn der Ton durchdrang.
Bald von Azur umzogen,
Erglänzt der Himmelsdom:
Es spannt ein Regenbogen
Sich über den blanken Strom.
Ich steh in sel'ger Freude
Im hellen goldnen Tag,
Mir klinget das Geläute
Im tiefen Herzen nach.