Der sterbende Schiffer - Luise von Plönnies

Aus der Hütte engen Wänden
Tragt mich in den Kahn hinaus!
Auf dem Meere will ich enden,
Nicht im dumpfen Erdenhaus.
Meine bange Fieberhitze
Kühl' der frische Hauch der See,
Und die weiße Woge spritze
Mir in's Angesicht den Schnee!

Oftmals mit der Flut gerungen
Hab' ich in dem Segelkahn,
Hab' mit lautem Ton gesungen
In den brausenden Orkan.
Oftmals blieb ich drinnen liegen
In der hellen Mondennacht,
Ließ mich von den Wogen wiegen,
Sah empor zur Sternenpracht.

Solche Nacht ist unvergeßlich!
Schöner als am hellsten Tag
Glatter Meerflut unermeßlich
Grüner Spiegel vor mir lag.
Oft dann wünscht' ich mir die Ruhe
In der freien Wogen Gruft,
Nicht in enger Kirchhofstruhe
Eingesenkt in Moderduft.

Nicht vom Trauerzug geleitet
Und der Glocken dumpfem Schall,
Nein, den Himmel ausgebreitet
Über freiem Wogenschwall.
Nicht von Brettern eingeschlossen
Und gedeckt mit Erde schwer -
Nein, von Hügeln licht umflossen,
Wie sie spielend wölbt das Meer!

Meine Stunde hat geschlagen!
Kahn, spann' deine Segel aus!
Sollst als offner Sarg mich tragen
In mein herrlich Grab hinaus.
Löst die Seele sich vom Leibe,
Dann vom Ufer löst den Kahn,
Daß er mit dem Toten treibe
In den Weltenocean!