Weihnachtsfest - Robert Reinick

Der Winter ist gekommen
Und hat hinweg genommen
Der Erde grünes Kleid;
Schnee liegt auf Blütenkeimen,
Kein Blatt ist an den Bäumen,
Erstarrt die Flüsse weit und breit.

Da schallen plötzlich Klänge
Und frohe Festgesänge
Hell durch die Winternacht.
In Hütten und Palästen
Ist rings in grünen Ästen
Ein bunter Frühling aufgewacht.

Wie gern doch seh' ich glänzen
Mit all den reichen Kränzen
Den grünen Weihnachtsbaum,
Dazu der Kindlein Mienen,
Von Licht und Lust beschienen!
Wohl schön're Freude gibt es kaum!

Da denk' ich jener Stunde,
Als in des Feldes Runde
Die Hirten sind erwacht,
Geweckt vom Glanzgefunkel,
Das durch der Bäume Dunkel
Ein Engel mir herabgebracht.

Und wie sie da nach oben
Den Blick erschrocken hoben
Und sahn den Engel stehn,
Da staunten sie wohl alle,
Wie wenn zum ersten Male
Die Kindlein einen Christbaum sehn.

Doch was ist all Entzücken
Der Kindlein, die erblicken,
Was ihnen ward beschert,
Gedenk' ich, wie die Kunde
Des Heils von Engelsmunde
Die frommen Hirten angehört!

Und rings ob allen Bäumen
Sang in den Himmelsräumen
Der frohen Engel Schar:
„Gott in der Höh' soll werden
Der Ruhm, und Fried' auf Erden
Und Wohlgefallen immerdar!“ –

Drum pflanzet grüne Äste
Und schmücket sie auf's Beste
Mit frommer Liebe Hand,
Daß sie ein Abbild werden
Der Liebe, die zur Erden
Solch großes Heil uns hat gesandt.

Ja, laßt die Glocken klingen,
Daß, wie der Englein Singen,
Sie rufen laut und klar:
„Gott in der Höh' soll werden
Der Ruhm, und Fried' auf Erden
Und Wohlgefallen immerdar!“