Ein Gemälde - Johann Peter Uz

Sieh! welche Schilderei!
Beblümt kein wahrer Mai,
Im Schoße der Natur,
O Phyllis! diese Flur?
Ein dick Gebüsch umkränzt
Die Quelle, die hier glänzt:
Am grünen Ufer hin
Schläft eine Schäferin.

Sie liegt, nur leicht bedeckt,
In Blumen hingestreckt.
Mit ihren Locken spielt
Ein Zephyr, der sie kühlt;
Und ihre weiße Brust,
Schon reif zu schlauer Lust,
Verrät sich unterm Flor,
Und wallt im Schlaf empor.

Sieh diesen Schäfer hier,
Der, unbewegt, nach ihr
Mit weiten Augen sieht:
Wie seine Wange glüht!
Sein Leib hangt ungeschickt,
Auf einen Stab gebückt,
In plumper Stellung hin
Zur holden Schläferin.

Der Wilde fühlt ein Herz!
Hat ihn der Liebe Scherz,
Als Zeugen ihrer Macht,
Zur Schönen hergebracht?
Er hat schon mehr Verstand;
Und wird ganz umgewandt
Zu seinen Schafen gehn,
Nachdem er sie gesehn.