Die Annäherung des Frühlings - Christian Felix Weiße

Schon ist er bald entflohen,
Der Winter, meine Lust.
Die sanften Weste drohen
Mir schrecklichen Verlust.
Umsonst blüht mir Betrübten
Die neugeborne Welt:
Der Krieg ruft den Geliebten
Von mir ins rauhe Feld.

Da, wo ich Blüten finde,
Blüht mir ein neuer Schmerz,
Der Hauch der Zephyrwinde
Haucht Wehmut mir ins Herz;
Wo Blumen sich entschließen
Auf der begrünten Au,
Da sehn sie Tränen fließen,
Gleich ihrem Morgentau.

Es singe das Gefieder
Des Frühlings Wiederkehr:
Ich höre Trauerlieder
Und keine Jubel mehr.
Des Leidens Melodien
Bauscht der enteiste Bach,
Und alle Scherze fliehen
Der Flucht des Winters nach.

O steig' noch nicht hernieder,
Du Gott der Freude, du!
Die Welt belebst du wieder,
Mich aber tötest du.
O Lenz! die Seligkeiten
Der Liebe bringst du ihr,
Und alle Seligkeiten
Der Liebe raubst du mir!